Spenden und Zuwendungen

Auf der Grundlage der Erfahrungen mit der Durchführung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 (im Folgenden „Verordnung") in der Praxis in den letzten Jahren möchte die Behörde für europäische politische Parteien und europäische politische Stiftungen (im Folgenden „Behörde") den europäischen politischen Parteien und europäischen politischen Stiftungen eine nicht erschöpfende Reihe von Leitlinien an die Hand geben. Der unmittelbar verbindliche Charakter der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 wird von den Leitlinien der Behörde nicht berührt. Darüber hinaus werden diese Leitlinien aufgrund des zunehmenden Fundus an Erfahrungen und im Ergebnis von Änderungen des Rechtsrahmens auch weiterhin Gegenstand von Anpassungen sein

Formen von Spenden und Zuwendungen

  • Gemäß Artikel 2 Nummer 7 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 umfasst die Definition des Begriffs „Spende" nicht nur direkte Zahlungen in bar, sondern auch indirekte Zahlungen über „alle anderen Transaktionen, die für die betreffende europäische politische Partei oder europäische politische Stiftung einen wirtschaftlichen Vorteil darstellen, mit Ausnahme von Zuwendungen von Mitgliedern". Dabei kann es sich auch um Transaktionen zwischen Dritten handeln, mit denen eine europäische politische Partei oder Stiftung von Zahlungen freigestellt wird, die andernfalls von der europäischen politischen Partei oder Stiftung geleistet worden wären.
  • Preisnachlässe: Gemäß Artikel 2 Nummern 7 und 8 der Verordnung stellt die Bereitstellung von Gütern, Dienstleistungen (einschließlich Darlehen) sowie Arbeiten unter Marktwert eine Spende oder, wenn sie auf ein entsprechend der Verordnung anerkanntes Mitglied zurückgehen, eine Zuwendung dar. Wenn und soweit dies der Fall ist, gelten die Vorschriften zur Meldung sowie die Einschränkungen für Spenden und Zuwendungen, wie sie insbesondere in Artikel 20 der Verordnung festgelegt sind.

  • Allerdings stellen nicht alle Preisnachlässe Spenden oder Zuwendungen im Sinne der Verordnung dar. In diesem Zusammenhang müssen der Umfang und die Reichweite des Preisnachlasses bewertet werden. Um festzustellen, ob die Bereitstellung von Gütern, Dienstleistungen und Arbeiten zu einem ermäßigten Preis als Spende bzw. als Zuwendung einzustufen ist, ist insbesondere zu prüfen

    • ob der Preisnachlass speziell oder insbesondere der europäischen politischen Partei oder der europäischen politischen Stiftung zugutekommt (was auf eine Spende oder eine Zuwendung hindeuten würde) oder ob er im Gegenteil auf die gleiche Weise einer Gruppe potenzieller Kunden gewährt wird, die vorab anhand objektiver Kriterien festgelegt wurde (z. B. Preisnachlass für alle nichtstaatlichen Organisationen), und, in jedem Fall,

    • ob der Preisnachlass im Widerspruch zu allgemein anerkannten Marktprinzipien steht (z. B. Bereitstellung eines Gutes oder einer Dienstleistung unter dem Selbstkostenpreis) (was auf eine Spende oder eine Zuwendung hindeuten würde).

Tatsächlicher Spender

  • Bei der Bewertung der Rechtmäßigkeit von Spenden gemäß Artikel 20 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 muss die Behörde die genaue Identität des Spenders überprüfen und bestimmen, wenn mehr als eine Person oder Einrichtung an der Gewährung einer solchen Spende beteiligt ist.

  • Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn eine juristische Person innerhalb einer Unternehmensgruppe in Bezug auf die Spende in direktem Kontakt mit einer europäischen politischen Partei oder einer europäischen politischen Stiftung steht, während eine andere Einrichtung innerhalb derselben Unternehmensgruppe letztlich die entsprechende Zahlung tätigt.

  • In einem solchen Fall wird sich die Behörde auf das Konzept des „tatsächlichen Spenders" stützen, d. h. sie wird bewerten, woher innerhalb der betreffenden Unternehmensgruppe die Zahlung tatsächlich stammt. In diesem Zusammenhang wird die Behörde unter anderem folgende Faktoren berücksichtigen:

    • Welche Stelle war unmittelbar an der Schaffung der Rechtsgrundlage für die Zahlung beteiligt (z. B. ausgehandelte Sponsoring-Vereinbarung)?

    • War diese Stelle berechtigt, den Inhalt der Vereinbarung und die Zahlungsmodalitäten nach eigenem Ermessen festzulegen?

    • Welche Rolle und Verantwortung kam der anderen beteiligten Stelle zu? Handelte sie lediglich als Zahlungsdienstleister oder spielte sie eine verantwortliche Rolle in dem zugrunde liegenden Vertrag?
  • In jedem Fall darf sich keine der an einem Spendenvorgang beteiligten Personen oder Stellen (weder Initiator noch Zahler) in einer Situation befinden, die nach Artikel 20 Absatz 5 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 untersagt ist.

Ursprung von Spenden - "Kennen Sie Ihren Spender"

  • Zahlungen aus Drittstaaten: Das Gericht der Europäischen Union hat klargestellt, dass außerhalb der EU ansässige Parteien nicht als politische Parteien im Sinne der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 angesehen werden können, da sie nicht aus Unionsbürgern bestehen (Urteil vom 25. November 2020, ACRE/Parlament, T-107/19), und daher keine Zuwendungen an europäische politische Parteien leisten können. In Artikel 20 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 ist ein Verbot von Spenden von öffentlichen Behörden, privaten Einrichtungen und Einzelpersonen aus Drittstaaten festgelegt.
  • Um die versehentliche Annahme von Zahlungen zu vermeiden, insbesondere von

    • öffentlichen Behörden oder von Einrichtungen, auf die eine solche öffentliche Behörde einen beherrschenden Einfluss ausübt (verboten gemäß Artikel 20 Absatz 5 Buchstabe c der Verordnung, Verstöße werden sanktioniert), oder

    • von Quellen aus Drittstaaten (verboten gemäß Artikel 20 Absatz 5 Buchstabe d der Verordnung, Verstöße werden sanktioniert), werden europäische politische Parteien und europäische politische Stiftungen angehalten, vor der Annahme einer Spende verlässliche und präzise Informationen über den jeweiligen Spender einzuholen, insbesondere über
    • das Sitz- bzw. Wohnsitzland und
    • im Falle von juristischen Personen auch darüber, wer die Kontrolle über die jeweilige Einrichtung ausübt (z. B. anhand der Unternehmensdokumentation, anhand von Satzungen etc.).
  • Diese Informationen sollten auch in das jeweilige Meldeformular der Behörde und - im Fall von Spenden, die 12 000 EUR übersteigen - in die Sofortmeldung aufgenommen werden.

Spenden – Zuweisung

  • Spenden von europäischen politischen Parteien und europäischen politischen Stiftungen im Jahr N+1 entgegengenommen werden, dürfen von letzteren nur unter ganz bestimmten Umständen dem Jahr N zugewiesen werden.
  • Damit eine solche Zuweisung zum Jahr N von der Behörde akzeptiert werden kann, müssen die europäischen politischen Parteien und europäischen politischen Stiftungen Unterlagen vorlegen, aus denen hervorgeht, dass sich der Spender bereits vor dem Jahr N+1 zur Zahlung der Spende verpflichtet hat und dass eine durchsetzbare Vereinbarung darüber bestand, dass die Spende im Jahr N gezahlt werden würde.
  • Diese Unterlagen - beispielsweise eine Spendenvereinbarung oder eine zugrunde liegende vertragliche Vereinbarung, eine einseitige Verpflichtung, eine Zahlungsanweisung, eine entsprechende Mitteilung beispielsweise per Brief und/oder E-Mail, eine Rechnung - müssen der Behörde bereits im Jahr N übermittelt werden, selbst wenn die Zahlung des Spenders noch nicht eingegangen ist.

Einzelspenden

  • Gemäß Artikel 20 Absatz 4 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 müssen europäische politische Parteien und europäische politische Stiftungen der Behörde „Einzelspenden", die 12 000 EUR übersteigen, unverzüglich melden.

  • Die Behörde wird von Fall zu Fall prüfen, ob auch mehrere Zahlungen eines Spenders als eine „Einzelspende" gelten.

    • Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn eine Vorabvereinbarung mit dem Spender über eine einzige Spende getroffen wurde, die Zahlung jedoch in mehreren Tranchen erfolgt ist.

    • Separate spontane Zahlungen desselben Spenders würde die Behörde in der Regel nicht als „Einzelspende" betrachten, die unverzüglich gemeldet werden muss, wenn die kumulierten Beträge 12 000 EUR übersteigen (unbeschadet der regelmäßigen Berichtspflicht im Verlauf des Jahresabschlussverfahrens).

Berichtspflicht vor Wahlen

  • Gemäß Artikel 20 Absatz 3 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 müssen „Spenden, die europäische politische Parteien oder europäische politische Stiftungen innerhalb von sechs Monaten vor den Wahlen zum Europäischen Parlament erhalten, [...] der Behörde wöchentlich schriftlich nach Maßgabe des Absatzes 2 gemeldet [werden]".

    • Diese erweiterte Berichtspflicht ermöglicht es den Behörden, die Einhaltung der Vorschriften im Hinblick auf die in Artikel 20 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 festgelegten Begrenzungen für Spenden fortwährend zu kontrollieren und die Veröffentlichung von Spenden gemäß Artikel 32 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 kontinuierlich zu aktualisieren.
    • Betreffender Zeitraum: Die Wahl zum Europäischen Parlament wird vom 6. bis 9. Juni 2024 stattfinden. Das bedeutet, dass der in Artikel 20 Absatz 3 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 festgelegte Zeitraum von sechs Monaten am 6. Dezember 2023 beginnt und bis einschließlich 5. Juni 2024 andauern wird.
  • Praktische Auswirkungen: Die erweiterte Berichtspflicht für den zuvor genannten Zeitraum, die sowohl für europäische politische Parteien als auch für europäische politische Stiftungen gilt, besteht in deren Pflicht, der Behörde wöchentlich alle erhaltenen Spenden zu melden, unabhängig von Art und Wert der Spende.

    • „Spenden": Die erweiterte Berichtspflicht gilt für alle Spenden, nicht nur für Spenden, die 12 000 EUR übersteigen. Angesichts der weit gefassten Definition in Artikel 2 Nummer 7 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 weist die Behörde darauf hin, dass sie spezifische Leitlinien zum Anwendungsbereich des Begriffs „Spenden" auf ihrer Website veröffentlicht hat (siehe oben).
    • „Erhaltene Spenden": Innerhalb des oben genannten Zeitraums müssen erhaltene Spenden der Behörde wöchentlich gemeldet werden. Folglich müssen europäische politische Parteien und europäische politische Stiftungen die Behörde entsprechend informieren, unabhängig davon, ob die Spenden gemäß Artikel 20 Absatz 6 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 danach an den Spender zurückgegeben werden. Diese frühzeitige Berichtspflicht hat keine Auswirkungen auf die zusätzliche Anforderung an europäische politische Parteien und europäische politische Stiftungen, eine Spende innerhalb der in Artikel 20 Absatz 6 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 festgelegten Frist von 30 Tagen zu prüfen und zurückzugeben, wenn die Annahme der Spende nicht mit der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 vereinbar sein sollte. Werden Spenden später an den Spender zurückgegeben, muss die Behörde zusätzlich darüber informiert werden, damit diese Informationen bei ihren Kontrollen zur Einhaltung der Vorschriften berücksichtigt und die Veröffentlichungen auf der Website der Behörde berichtigt werden können.
    • „Wöchentlich": Um den Verwaltungsaufwand für europäische politische Parteien und europäische politische Stiftungen zu begrenzen, geht die Behörde davon aus, dass eine europäische politische Partei oder europäische politische Stiftung in einer bestimmten Woche keine Spende erhalten hat, wenn die Behörde diesbezüglich bis zum ersten Arbeitstag der folgenden Woche keine Mitteilung erhalten hat. Mögliche Kontrollen der Behörde bleiben davon unberührt.
  • Wenn durch Versäumnis der rechtzeitigen Meldung von Spenden gegen Artikel 20 Absatz 3 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 verstoßen wird, können gemäß Artikel 27 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer iii der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 und vorbehaltlich Artikel 29 der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 1141/2014 Sanktionen verhängt werden.
  • Die Behörde verweist auf die ergänzenden Leitlinien zum Europäischen Aktionsplan für Kampagnen, die hier veröffentlicht sind: https://www.appf.europa.eu/appf/de/guidance/european-campaign-action-plan (sie gelten nur für europäische politische Parteien) und laufend aktualisierte Leitfäden auf Grundlage von eingegangenen Fragen der europäischen politischen Parteien umfassen.